Spotlight
Ausflug in die 4. Dimension
Pan Immerse 4D Audio – eine innovative, immersive Beschallungslösung von Pan Acoustics
Interview mit Sebastian Oeynhausen Bilder: Markus Thiel, Pan Acoustics
Interview mit Sebastian Oeynhausen Bilder: Markus Thiel, Pan Acoustics
Das VDT-Magazin bedankt sich für die Unterstützung durch diesen Spotlight-Beitrag.
Durch das Fehlen einheitlicher Definitionen unterscheidet sich das, was wir unter Immersive Audio verstehen, teils erheblich. Der Wortbedeutung folgend geht es aber in der Regel immer um ein einhüllendes Klangerlebnis, welches den Rezipienten in das Audiogeschehen eintauchen lässt. Anstatt ein Konzert aus dem Zuhörerraum zu erleben, sitzt man stattdessen vermeintlich zwischen Violinen, Trompeten und Perkussion mitten im Orchester. Doch wie lässt sich ein solches Erlebnis Single-Sweetspot-frei für eine Vielzahl an Personen in einem beliebigen Raum realisieren? Die Antwort von Pan Acoustics hört auf den Namen ‚Pan Immerse 4D Audio‘.
Das von Udo Borgmann gegründete und inhabergeführte Familienunternehmen Pan Acoustics entwickelt und fertigt seine Produkte exklusiv am eigenen Standort in Wolfenbüttel und bietet seinen Kunden damit zu 100 % in Deutschland gefertigte Qualität. Wir sprachen mit dem Produktmanager Sebastian Oeynhausen von Pan Acoustics über das unkonventionelle Konzept der hauseigenen Immersive-Audio-Lösungen.
Es gibt verschiedene Arten von Spatial-Audio-Rendering-Methoden: kanalbasierte und objektbasierte. Das kanalbasierte Rendering ist beispielsweise im heimischen Wohnzimmer von Vorteil, besonders im Hinblick auf den Kosten-Nutzen-Faktor. Vor allem klassische Surround-Anwendungen wie 5.1, 7.1, 9.1.6 profitieren davon. Bei größeren Räumen stößt dieses Verfahren jedoch an seine Grenzen, da es nur einen recht engen Sweetspot erzeugt, an welchem allein sich das maximale Klangerlebnis erfahren lässt. Jedem Lautsprecher der Installation wird dabei ein entsprechender Kanal zugeordnet. Das objektbasierte Rendering kommt jedoch ohne diese Beschränkung aus. Ein Audio-Objekt lässt sich auf eine beliebige Anzahl von Lautsprechern mappen. Dabei kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, wie das Panning-Verfahren oder die WFS-Technologie.
Ja – oder zu Deutsch: Wellenfeldsynthese. Diese Technologie wurde Ende des 19. Jahrhunderts an der Uni Delft in den Niederlanden entwickelt und über die letzten Jahrzehnte von verschiedenen Instituten weiterentwickelt. Unser System nutzt diese Technologie, basierend auf den Entwicklungen vom IDMT aus Ilmenau, um Klangwelten in der horizontalen Ebene, aber auch hemisphärisch zu erzeugen – allerdings ohne die Vielzahl von Lautsprechern, welche für ein reines WFS-System benötigt würden.
Innerhalb unserer Render-Engine sind verschiedene Tools für die Erschaffung von Soundscapes enthalten. Innerhalb einer solchen Klangwelt lässt sich ein Audio-Objekt als Effekt darstellen; eine Vielzahl von Objekten generiert dabei eine Audio-Atmosphäre. Die Objekte können sowohl statisch als auch dynamisch sein. Dynamische Objekte lassen sich via OSC-Befehle von Showcontrollern wie der Software Q-Lab oder Grapes3D oder auch durch Tracking-Systeme im Raum bewegen. Durch die Verwendung der WFS-Technologie entsteht ein Klangfeld auf der Zuhörerfläche – inklusive Lokalisation der Objekte, ohne Sweetspot.
Dem live oder via DAW zugeführten Audio-Content lässt sich als Audio-Objekt mittels der Rendering-Engine eine Abstrahlcharakteristik zuweisen. Hierbei unterscheiden wir zwischen einer Point-Source- und einer Plane-Wave-Charakteristik. Diese Charakteristik hat direkte Auswirkungen darauf, wie die Schallausbreitung des Objektes im System gerechnet wird. Neben den Charakteristiken lassen sich weitere Optionen setzen, wie die Berechnung für das Pegelverhalten über Distanz oder das Bassmanagement eines Objektes. Die internen Berechnungsmethoden sowie eine niedrige Systemlatenz tragen ebenso zu einer natürlichen Klangwiedergabe bei.
Durch seine drei Software-Modi Presentation, Production und Production Pro ist das System ausgesprochen flexibel einsetzbar. Presentation eignet sich primär für kleinere Installationen, während Production/Production Pro für anspruchsvollere Anwendungen wie Themenparks, Oper, Theater oder Musicals prädestiniert sind.
Das System lässt sich prinzipiell durch jede geschulte Person bedienen. Etwas Grundverständnis in den Bereichen DAW- und Digital-Pult-Bedienung schadet natürlich nicht, ebenso ein gewisses Grundverständnis von digitalen Audiosignalen und Mehrkanalanwendungen. Die gesamte Bedienung des Systems erfolgt über eine IP-basierte Web-GUI und ist sowohl Multiscreen- als auch Multiuser-fähig. Bei komplexen Shows kann etwa ein einziger System-Operator die Objekte und Cues im Blick behalten und gleichzeitig ein Auge auf ein angeschlossenes Tracking-System haben. Die Person am Mischpult bekommt eine Anzeige über die exakte Position sämtlicher Audio-Objekte und deren zeitliche Verläufe im Raum, was die Möglichkeit eröffnet, zu jeder Zeit die Übersicht und Kontrolle über den eigenen Mix zu behalten.
Exakt! Diese Trennung machen wir auch sehr bewusst. Der Hintergrund ist, dass es sich beim ACS-System um ein sogenanntes Room-Enhancement-System handelt, mit welchem sich die Raumakustik direkt per integriertem DSP modifizieren lässt. Durch die Verwendung unseres spezialisierten DSP ist es möglich, die Latenzen im System auf ein Minimum zu reduzieren. Das kommt uns unter anderem bei Early Reflections zugute, bei denen jede Millisekunde zählt. Auch eine natürlich klingende Wiedergabe von Audiosignalen ist so in hoher Qualität möglich. ACS verfügt über eine mehr als 30-jährige Erfahrung im Bereich der Room-Enhancement-Anwendungen. Pan Immerse setzt auf eine CPU-Struktur mit entsprechend angepassten Routinen für Live-Sound-Anwendungen. Das System ist für einen 24/7-Betrieb ausgelegt, inklusive Hot-Swap-Möglichkeit der PSU-Einheiten. Über Pan Immerse 4D kann ein ACS-System entsprechend bedient und integrierte Presets können pro Cue gesteuert werden. Unserer Meinung nach ergibt es Sinn, Raumakustik und Spatial Audio grundlegend als zwei getrennte Systeme zu denken. Der Raum sollte seinen Grundcharakter immer beibehalten – also so klingen, wie er natürlicherweise klingt. Objektbasiertes Audio wird speziell für eine Performance auf der Bühne im Raum eingesetzt und ist aus unserer Sicht ein dediziertes Show-Tool. Was beide Systeme jedoch vereint, ist die grundlegende Technologie der Wellenfeldsynthese, welche letztlich ein perfektes Zusammenspiel gewährleistet.
Der größte Vorteil besteht darin, dass vom Lautsprecher bis zum Renderer und dem Room-Acoustic-System alles aufeinander abgestimmt ist. Aus unserem umfangreichen Produktportfolio – bestehend aus aktiven und passiven Lautsprechern, Beamsteering oder Point-Source-Systemen – können wir für jede Projektherausforderung eine passende Lösung konfigurieren. Unsere 8″-, 10″- und 12″-Coaxial-Lautsprechermodelle der CX-Serie wurden unter anderem speziell für ACS und Anwendungen in Pan Immerse 4D konzeptioniert und entwickelt. Diese Lautsprecher zeichnen sich zum einen durch ein homogenes Schallfeld und zum anderen durch erhebliche Pegelfestigkeit aus.
Die nächste Gelegenheit dafür ist die Tonmeistertagung in Düsseldorf vom 12. bis 15. November. Dort werden wir in Raum 2 des CCD eines unserer Object-based-Audio-Systeme installieren und die damit verbundenen Möglichkeiten einem breiten Fachpublikum präsentieren.
Ja klar, es gibt ein paar anerkannte Gesetze für gut klingende Konzertsäle. Leider kommt es immer wieder vor, dass sich Architekten sehr beratungsresistent zeigen, wenn es um die Akustik in Innenräumen geht. Sie verbieten sogar das Nachmessen des erreichten Status quo. Aber daraus ergeben sich tatsächliche Nachteile, die man bautechnisch nicht mehr beheben kann. Eine gewisse ausgewogene Nachhallzeit ist auch in den höheren Frequenzen unabdingbar, um Lokalisierbarkeit und Wohlgefühl für die Zuhörer in Einklang zu bringen. Sonst gibt es am Ende zwar einige gute, aber auch viele schlechte Plätze. Das ACS-System ist seit mehr als 30 Jahren mit großer Erfahrung in über 100 Konzerthallen überall in der Welt eingebaut. Damit schafft man im Nachhinein mit überschaubaren Kosten eine hervorragende Konzertsaal-Akustik. Mit unserer Expertise transformieren wir jeden akustisch mangelhaften Konzertsaal in einen fantastisch klingenden Raum. Mit ACS sitzt der Zuhörer überall in der ersten Reihe, und – nicht zu unterschätzen – auch die Musiker fühlen sich in solchen neu geschaffenen Klangräumen ausgesprochen wohl. Wir haben bei uns am Standort Wolfenbüttel neben dem Pan Immersive 4D Audio System ebenso ein ACS-System mit variablen Nachhallzeiten (größer als acht Sekunden) in unsere große Akustikhalle integriert – jederzeit vorführbereit. Die Aussage zum akustischen Wohlfühlerlebnis haben übrigens klassische Musiker und ein Konzertpianist getätigt, die bei uns monatelang geprobt haben. Und daher stehe ich auch zu meinem Statement: Mit ACS in unserer Akustikhalle ist bei uns der Klang besser als in der Elbphilharmonie!